Peter Fehse und die Agenten

Am 26.06.2002 rieben sich die Basketballexperten die Augen. Hatte man tatsächlich eben bei der diesjährigen NBA-Draft den Namen Peter Fehse ausgerufen?

Tatsächlich, die Seattle Supersonics zogen seinen Namen in der zweiten Runde an 49. Stelle! Während wohl bei Familie Fehse in Halle/ an der Saale die Sektkorken knallten, musste sich Seattles General Manager Wally Walker den kritischen Fragen der lokalen Presse stellen. Fehse wer? …aus wo? Und, wieso der?

Die „Fehse-aus-Halle/Saale-Story“ handelt von einem jungen, nun 19-jährigen Burschen, der versucht, sich in dem Multi-Millionen-Dollar Geschäft, genannt „Basketball“ zurechtzufinden, der versucht, es allen Leuten recht zu machen und doch scheitern wird. Peter wird niemals in der NBA spielen, aber noch hat er die Chance, ein vernünftiger BBL-Spieler zu werden.

Was Peter Fehse braucht, ist nun endlich Ruhe. Ruhe vor Erfolgsdruck, vor übersteigerten Erwartungen, vor den Medien, diversen Clubs und Agenten.

Wenn man sich mit Peters Geschichte näher beschäftigt, fallen einem sofort die dutzendfach gelesenen Geschichten vom super-begnadeten, afroamerikanischen Basketballtalent aus den Ghettos der USA ein. Von Jungs, die im Alter von 15 oder 16 Jahren in der Lage waren, jeden gestandenen NBA-Profi schwindelig zu spielen, aber doch nie auch nur ein NBA- oder College-Spiel absolvierten. Spieler, die sich in einem Geflecht von schlechter Beratung, Verträgen, Versprechungen, Zusagen und Vereinbarungen aus Unwissenheit verfingen, ohne sich darüber bewusst zu sein, was sie da tun oder was die Konsequenzen für sie sind.

Peter kommt nicht aus dem Ghetto. Peter kommt aus einem Haushalt, wo an einem Sonntag nachmittags Kaffee und Kuchen serviert wird; von seiner Mutter, die zwar allein erziehend ist, aber doch bemüht, ihrem Sohn eine vernünftige Erziehung anzugedeihen, was ihr sehr wohl auch gelingt. Aber ihr Sohn hat immenses Basketballtalent, was das heimische Telefon nicht mehr stillschweigen lässt.

Peter ist groß, über 2,10m. Er hat die seltene Begabung, trotz aller Körpergröße alles elegant aussehen zu lassen. Ein US-Amerikanischer Scoutingreport würde sagen: „He jumps like a frog and runs like a deer“ So etwas nennt man Talent. Klar ist er ein softer Spieler, den TusLi’s Heiko Schaffartzik „ein Weichei“ nennt, aber Peter hat auch gelernt, von außen zu schießen, was ihn, neben seiner Größe, um so wertvoller macht.

Abgestiegen in das „Nirgendwo-Land“ Regionalliga ist er mit seinem Team aus Halle vor zwei Jahren. In einem Alter, in dem ein damals 18-jähriger Dirk Nowitzki seine Würzburger Mannschaft mit einem 27 Punkteschnitt in die BBL ballerte, konnte bei Peter Fehse der sportliche Abstieg aus Liga drei gerade noch so verhindert werden. Na klar, er hätte beim 30 km entfernten Bundesligisten MBC spielen können, aber die wollten ja mindestens einen 2 Jahresvertrag für ihn: Nein, so geht das nicht! Das riet ihm auch sein neuer bester Kumpel aus Osnabrück, der jetzt plötzlich ganz oft anrief, sich sein Freund nennt und ihm natürlich nur „helfen“ will und zufällig auch noch Agent ist.

Aber es fing ja schon an, als er 17-jährig mit der Juniorennationalmannschaft beim Albert-Schweitzer Turnier spielte. Das renommierteste Juniorenturnier weltweit, wo auch schon Basketballegende „Magic“ Johnson einst seine Visitenkarte ablieferte. Damals rief so einer an… aus Italien. Einer, der sagte, dass er ihm helfen könnte, seine Ziele zu erreichen.

Na und da er der erste war der anrief, unterzeichnete er bei dem nettklingenden Italiener einen Vertrag. Zufällig hatte dieser Agent gute Kontakte zu Benetton Treviso. Treviso ist eine der besseren Adressen im europäischen Basketball. Benetton hat allerdings soviel Geld, dass sie es sich leisten können, jedes Jahr 3 bis 4 europäische Talente zu unterzeichnen, um sie dann irgendwo in Europa zu „parken“ und zu schauen, ob sie sich eventuell entwickeln. Das allerdings sagte ihm sein neuer Agent nicht.

Auch sagte Peter den vielen College-Coaches nicht, die täglich aus den USA anriefen und ihn zu gern auf ihrer Universität hätten spielen wollen sehen, dass er bei Benetton einen 5 Jahresvertrag unterzeichnet hatte. Ach ja, sein neuer Kumpel, zufällig Agent, aus Osnabrück sagte den vielen BBL Klubs, zu denen er Peter im vorletzten Sommer schleppte und mittrainieren ließ, davon auch leider gar nichts. Denn dort spielen, in einem dieser BBL Klubs, wollte Peter dann doch lieber nicht.

Seine ihm vertraute Umgebung in Halle/Saale war ihm da doch sicherer. Mit seinen Kumpels in der Regionalliga ohne Druck zu zocken, das ging vollkommen in Ordnung. Fast kann man ihn verstehen…

Ihn verstehen konnte allerdings nicht oben genannter Wally Walker, Manager von den Supersonics. Rief doch gerade nach den Drafts so eine italienische Mannschaft bei ihm an und faselte was von „…großer Ehre für Benetton Treviso, dass ausgerechnet einer ihrer Spieler von Seattle gedraftet wurde.“

Wie bitte, Peter ist bereits unter Vertrag? Wally legte seine sonnengebräunte Stirn in Falten. Das hatte ihm der freundliche junge Mann aus Germany, den er letztes Jahr zu einem Besuch in Seattle hat einfliegen lassen, nicht erzählt. Hatte man sich geirrt in ihm? Aber die europäischen Agenten hatten ihm doch erzählt: „Hey, da wächst ein neuer Nowitzki heran.“ Vielleicht hätten sie ihn doch mehr beobachten lassen sollen in Deutschland. Aber sie, die NBA Manager, hatten ja genug Fehler gemacht in der Vergangenheit, als sie europäische Spieler wie Nowitzki nicht ernst nahmen und der Kelch an ihnen vorüber gereicht wurde. Da waren sie in Dallas schlauer.

So wurde dann auch der Geheimtipp aus Halle/Saale/Germany gedraftet. OK, als dann Wally nach dem Gespräch mit den Italienern in Halle/Saale/Germany anrief, musste sich Peter einige weniger freundliche Worte anhören. Hatte man nicht in ihn investiert? Ihn auch diesen Sommer nach Seattle rüberkommen lassen? Unter anderem auch zum trainieren mit den Profis? Na gut, der Fuss schmerzte und es war nichts mit Training. Auch war es nichts mit Training, als es zur A2 Nationalmannschaft ging. Wieder war er umgeknickt bevor es losging.

Apropos Nationalmannschaft: Herr Brenscheidt vom DBB sagte ihm, dass es für seine Entwicklung und auch Nationalmannschaftskariere wichtig ist, dass er sich mit Holger Geschwindner zusammentut. Den hat Dirk Nowitzki in die NBA… äh…. nein umgekehrt: Geschwindner hat Nowitzki in die NBA gebracht und er gilt nun fortan als DBB Ansprechpartner für Dirks etwaige Nationalmannschaftseinsätze. Egal, jedenfalls natürlich hat Peter darauf gehört. Falls der geneigte Leser an dieser Stelle den Faden der Geschichte verloren hat, soll er sich keine Sorgen machen, denn einmal von mir abgesehen, geht es Peter Fehse sicherlich ebenso.

Mittlerweile ist Peter bei den Opel Skyliners gelandet. Erst einmal ein Jahr zur Probe und dann wird geschaut, wie es weitergeht, sagte man ihm. Er soll sein Talent beim 2. Liga Kooperationspartner Eintracht Frankfurt einbringen um Erfahrung zu sammeln. Wenn es mit dem Fuss wieder besser wird - die Eintracht steht sportlich mit dem Rücken zur Wand und bräuchte ihn dringend -, kann er nun endlich anfangen, organisiert Basketball zu spielen. Und das tut dringend Not, denn die Organisation über seine basketballerische Karriere hat er längst aus der Hand gegeben.