Komplimente müssen passen

 

"Alle Achtung, das hast du aber gut gemacht!" Ob in der Partnerschaft, unter Freunden, im Sport oder im Beruf - wer ein Kompliment geschenkt bekommt, fühlt sich gleich besser, sagt Volker Drewes, Diplom-Psychologe aus Berlin.

 

Denn Komplimente signalisieren Interesse und Aufmerksamkeit, erklärt Drewes. Doch ein Kompliment zu machen, ist nicht einfach und Komplimente anzunehmen auch nicht. "Jeder Mensch wünscht sich positive Rückmeldung aus seinem Umfeld", sagt Drewes. Komplimente geben das Gefühl, wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden.

"Komplimente verraten uns, wie wir auf andere wirken und tragen so zur Entwicklung von Selbstbewusstsein und Identitätsgefühl bei", erklärt Herbert Mück, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie aus Köln. Nicht nur der Komplimentempfänger, sondern auch der Komplimentgeber profitiert: "Beide empfinden ein positives Gefühl, das fördert die Beziehung."

Doch die Wahl eines Komplimentes muss gut überlegt sein, sagt die Benimmtrainerin Elisabeth Bonneau aus Freiburg. Anders als in den USA, wo nett gemeinte Floskeln zum Alltag gehören, ist in der deutschen Komplimente-Kultur mehr Tiefgang gefragt: "Wie schick Sie aussehen, wie interessant Ihr Menü schmeckt! - so bitte nicht!"

"Bevor ein Kompliment ausgesprochen wird, ist es wichtig, die Denkweisen, Gefühle und Verhaltensweisen des Anderen aufmerksam zu beobachten", sagt der Berliner Psychologe Wolf Freiherr von Falkenhausen vom Deutschen Institut für Entspannungstechniken und Kommunikation. "Komplimente wirken am besten, wenn man authentisch ist und das Kompliment ehrlich meint."

Ob im Beruf im Sport oder zu Beginn einer Freundschaft oder Beziehung: "Bis zum ersten Kompliment ist es besser, etwas Zeit verstreichen zu lassen", rät Drewes. "Wer zu schnell mit Komplimenten um sich wirft, wird schnell unglaubwürdig."

Komplimente über die hinreißenden Augen der Diskobekanntschaft oder den tollen Anzug des neuen Kollegen wirken leicht aufgesetzt und einschmeichelnd: "Darauf fällt heutzutage niemand herein", warnt Bonneau. "Ein Kompliment muss zum Selbstbild der Zielperson passen, und das können Sie ihm oder ihr nicht auf Anhieb ansehen."

Wer Geduld und Aufmerksamkeit einsetzt, erhöht die Chance, mit einem Kompliment ehrliche Sympathie zu vermitteln: "Menschen spüren, ob ein Kompliment von Herzen kommt oder an den Haaren herbeigezogen wird", sagt Mück und rät, den Blick auf "Komplimentwürdiges" zu lenken.

"Ein schönes Kleidungsstück hat weniger mit einer Person zu tun als beispielsweise deren sympathisches Lächeln oder ihr Geschick mit chinesischen Stäbchen umzugehen."

Besonders in der Partnerschaft und Ehe sehnen sich Menschen nach Komplimenten. Doch nur allzu oft wird an den verbalen Streicheleinheiten gespart: "Viele Partnerschaften leiden darunter, dass das gegenseitige Interesse mit den Jahren abflaut", sagt Drewes.

Komplimente sind ein wichtiges Mittel, um dieser Entwicklung entgegen zu wirken. Auch eine interessierte Nachfrage kann bereits ein Kompliment sein, denn sie signalisiert dem Partner Aufmerksamkeit. "Versuchen Sie immer wieder, etwas Neues am Partner zu entdecken und machen Sie dann das passende Kompliment", rät Drewes.

Ein Vorhaben, das nicht einfach zu realisieren ist: "Noch immer haben viele Männer die Einstellung: Wenn ich nichts sage, ist alles in Ordnung", erklärt Mück. Eine Haltung, die bei der Partnerin oft für Unsicherheit sorgt: "Frauen fühlen sich dann vom Partner nicht gesehen und wahrgenommen", ergänzt Drewes.

Auch der richtige Zeitpunkt ist wichtig: "Der Partner muss offen sein für das Kompliment, sich nicht bedrängt fühlen. Das gleiche Kompliment kann zu einer anderen Zeit besser wirken als vielleicht zuvor", erklärt von Falkenhausen.

So schön ein Kompliment auch ist, manchmal kommt es einfach überraschend. "Leider fällt es vielen Menschen schwer, Komplimente anzunehmen", sagt Mück. Die einen bekommen einen roten Kopf, andere werden verlegen oder sogar misstrauisch. "Oft ist es der Zweifel an sich selbst, fehlendes Selbstbewusstsein oder Angst vor Nähe, die es Menschen erschweren, ein Kompliment anzunehmen", erklärt Drewes.

Anstatt aus Unsicherheit das Kompliment herunterzuspielen oder auf die Schnelle ein Kompliment zurückzugeben, reicht es "Danke" zu sagen. "In Deutschland wird ein Kompliment leicht für oberflächlich, unehrlich und egoistisch gehalten. Machen Sie sich frei von dieser Unterstellung", sagt Bonneau. Denn wer liebevoll und aufrichtig gesagte Komplimente zurückweist, belastet die Beziehung und riskiert Enttäuschungen, warnt Mück: "Zeigen Sie ehrlich, dass Sie das Kompliment glücklich macht, so bekommt auch der Komplimentgeber eine schöne Rückmeldung."

 

 

gefunden 2007 Berlin (dpa/gms)